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Blindenführhunde – ein Gewinn an Lebensqualität

Seit 50 Jahren setzt sich die Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde in Allschwil dafür ein, dass sehbehinderte Personen ein Stück Autonomie zurückerhalten. Züchtung und Ausbildung der Blindenführhunde sind zeit- und kostenaufwendig – eine Investition, die sich jedoch für die Beteiligten lohnt.

Eine Strasse überqueren, ein Hindernis erkennen und umgehen oder einen Sitzplatz im Tram finden – dies gehört zum Repertoire, das ein Blindenführhund zusammen mit seiner Besitzerin oder seinem Besitzer beherrscht. Knapp zwei Jahre dauern die Ausbildung und das Training, ehe die Labrador-Hunde bereit für ihre verantwortungsvolle Aufgabe sind. Erst bedarf es jedoch einer gründlichen Abklärung, ob sich eine sehbehinderte Person für die Haltung eines Blindenführhundes eignet. «Unser Motto lautet: Es muss für Hund und Halterin oder Halter als Team stimmen», so Gérard Guye, seit acht Jahren Geschäftsführer der Stiftung.

Intensive Rundum-Betreuung

Die Stiftung beschäftigt rund 60 Mitarbeitende und hat seit ihrer Gründung bereits mehr als 1100 Hunde ausgebildet. «Die Welpen bleiben zuerst für zehn Wochen bei uns, wo wir sie quasi rund um die Uhr betreuen. Zusammen mit Kynologen haben wir ein spezielles Förderprogramm für die Jungtiere entwickelt, um sie spielerisch an ihre Aufgabe heranzuführen», erklärt Gérard Guye. Anschliessend kommen die Hunde (etwa 80 pro Jahr) für 15 Monate zu einer Patenfamilie, wo sie aufwachsen, weiter gefördert werden und erste Hörzeichen lernen. Dabei unterstützt die Paten ein fünfköpfiges Betreuungsteam regelmässig.

Nicht jeder hat das Talent

Hunde erreichen erst mit 12 bis 15 Monaten die Charakterreife, um ihre Talente und berufliche Zukunft beurteilen zu können. Während ihrer Zeit bei den Patenfamilien zeigt sich allerdings schon oft, wer das Talent zum Blindenführhund mitbringt. «Die Hälfte der Tiere eignet sich als Blindenführhund. Weitere 40 Prozent kommen als Assistenzhunde für Körperbehinderte, als Sozialhunde oder als Autismusbegleithunde in Frage. Die anderen Tiere geben wir als Familienhunde ab», sagt Gérard Guye.

 

Die designierten Blindenführhunde verlassen ihre Patenfamilien und kehren nach Allschwil zurück, wo sie in den folgenden sechs bis neun Monaten durch Instruktorinnen und Instruktoren ausgebildet werden. Als Abschluss der fast zweijährigen Ausbildung prüfen Experten der Invalidenversicherung (IV) die Hunde, ob sie zum Blindenführhund taugen. Schaffen sie diese hohe Hürde, und bestehen sie nach der Einführung beim Kunden auch gemeinsam die Gespannsprüfung, entschädigt die IV die Stiftung fortan mit einem monatlichen Mietbetrag von 350 Franken pro Hund. «Miete» deshalb, weil die Blindenführhunde im Besitz der Stiftung bleiben, den Halterinnen und Haltern also nur leihweise anvertraut werden.

Labrador Retriever – die ideale Rasse

«Blindenführhunde gehen spätestens mit elf Jahren in Pension, das haben wir so entschieden», hält der Geschäftsführer fest. Je nach Konstitution des Hundes, zum Beispiel, wenn er schreckhaft geworden sei, könne dies auch schon früher der Fall sein. Die Halterinnen und Halter hätten dann die Möglichkeit, den Hund zu behalten, wenn dies machbar sei. Anderenfalls gebe es eine lange Warteliste für diese Labradore.

 

Nebst dem Labrador gibt es weitere Rassen (z. B. Schäfer, grosse Pudel, Labradoodle), die sich als Blindenführ- und Assistenzhunde eignen. Der Labrador ist jedoch die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Rasse. Warum eigentlich? «Er ist ein unglaublich dankbarer Kerl. Sein «Wille zu gefallen» ist ausgeprägt, er ist arbeits- und kontaktfreudig, sehr umgänglich. Damit bringt der Labrador ideale Voraussetzungen für die Ausbildung und für mehrere Halterwechsel im Leben mit», erklärt Gérard Guye. In Allschwil setzt man seit der Gründung ausschliesslich auf die Aufzucht von Labradoren und hat so viel Know-how aufgebaut.

Spenden sind essentiell

Die Finanzen stellen für eine Stiftung, die nur mit wenig öffentlichen Geldern auskommen muss, ein zentrales Thema dar. 90 Prozent der Einnahmen stammen aus Spenden, Erbschaften und Projekten. «Wir haben viele treue Gönnerinnen und Gönner, die uns auch durch die Pandemie getragen haben. Uns kommt ausserdem zugute, dass wir dank 50-jährigem Wirken über eine grosse Bekanntheit, ein breites Netzwerk und viele Patenschaften verfügen. Dies ist aber nicht selbstverständlich, andere Institutionen hatten da während Corona weniger Glück», resümiert Gérard Guye.

 

Nur einen geringen Teil steuern die IV-Mietgebühren für die Blindenführhunde zu den Einnahmen bei. Sie reichen bei weitem nicht aus, um die Ausbildungskosten von über 65000 Franken pro Hund zu decken. Bei 350 Franken pro Monat und einer maximalen Einsatzdauer von neun Jahren ist die Rechnung schnell gemacht: «Auch der bestfinanzierte Blindenführhund ist nicht rentabel», bringt es Gérard Guye auf den Punkt.

Feiern und investieren

Die Stiftung ist gut aufgestellt, auch wenn es beruhigend wäre, mehr fixe Beiträge auf sicher zu wissen, denn es stehen grössere Herausforderungen an: Die technischen Installationen der Gebäude müssen in den nächsten Jahren modernisiert werden. Auch die Digitalisierung und neue Arbeitsmodelle, angestossen und getrieben durch Corona, sind Themen, die erhebliche Investitionen nötig machen. Als Nächstes freuen sich Gérard Guye und sein motiviertes Team auf die Feierlichkeiten zum 50-Jahr-Jubiläum im September. Dann dürfen sie zusammen mit Partnern, Gönnerinnen und Gönnern auf eine hoffentlich weiterhin erfolgreiche Zukunft der Schule anstossen.

Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde Allschwil

 

Gegründet wurde die Schule 1972 im ehemaligen Geburtshaus von Allschwil mit dem Ziel, Blindenführhunde zu züchten, sie auszubilden, bei sehbehinderten Personen einzuführen und ein Leben lang zu betreuen. Weiter kann die Schule gemäss Stiftungszweck die nicht als Blindenführhunde geeigneten Hunde für Menschen mit anderen Beeinträchtigungen, Krankheiten oder sozialen Schwächen als Führ-, Assistenz- und Begleithunde einsetzen. Damit soll die Mobilität, die bessere Lebensqualität und Teilhabe dieser Menschen im Alltag gefördert werden. Die Stiftung beschäftigt im eigenen Zucht- und Ausbildungszentrum, das Platz für maximal 48 Hunde bietet, rund 60 Mitarbeitende. Seit der Gründung hat die Stiftung mehr als 1100 Blindenführhunde ausgebildet. Jeden ersten Samstag im Monat ist Besuchstag. www.blindenhundeschule.ch

Dankbar für Spenden

Die Stiftung erhält keine öffentlichen Mittel und ist als gemeinnützige Organisation steuerbefreit. Sie finanziert sich zu 90 Prozent aus Spenden von Privaten, Firmen und Förderstiftungen (projektbezogen) sowie aus dem Verkauf von Werbeartikeln und den Mieten für die Blindenführhunde durch die IV. Unterstützen können Sie die Stiftung beispielsweise mit einer Spende auf das PC-Konto 40-1275-0 oder per Twint: blindenhundeschule.ch/unterstuetzung/spenden

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