Visana steht der Vorlage wie zahlreiche Kantone, politische Parteien, Gesundheitsorganisationen und die führenden Wirtschaftsverbände kritisch gegenüber. Zu kritisieren ist insbesondere, dass die Ursachen der finanziellen Ungleichgewichte vorab vertieft analysiert werden müssen, bevor eine Lösung verabschiedet wird. Die beantragte Korrekturmassnahme über die CO2/VOC-Lenkungsabgabe ist systemfremd und führt zu einer rein politischen Steuerung der Prämien. Der Bundesratsantrag verstösst gegen fundamentale Rechtsgrundsätze (Gebot der Rechtssicherheit, Verbot der echten Rückwirkung, Verstoss gegen das Prinzip von Treu und Glauben). Er beinhaltet unhaltbare Ungerechtigkeiten in der Umsetzung, da lediglich auf das Kriterium eines kantonalen Wohnsitzes des Versicherten abgestellt wird. Da keine kantonalen Reserven der Krankenversicherer existieren, ist eine rückwirkende Korrektur der KVG-Prämien gar nicht möglich. Visana verlangt in diesem Zusammenhang erneut, dass der Bund künftig konsequent nur noch kostendeckende Prämien genehmigen darf. Die nicht über jeden Zweifel erhabene Prämiengenehmigungspolitik des BAG muss dazu führen, dass der Bund selber bei einer allfälligen nachträglichen Korrektur einen finanziellen Beitrag zu leisten hat bzw. den finanziellen Ausgleich mit eigenen Mitteln wiederherzustellen und damit die Verantwortung für sein eigenes Versagen zu übernehmen hat. Genehmigte Prämien im Nachhinein zu korrigieren, verstösst gegen Treu und Glauben und macht auch künftige Prämiengenehmigungen zur Farce. Die Versicherten müssten damit rechnen, dass bereits rechtsgültig bewilligte Prämientarife rückwirkend korrigiert würden.
Auch wenn der Ständerrat den Vorschlag der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren leicht entschärft hat (Kostendach 800 Mio. Franken mit je einer Drittelsbeteiligung der Versicherten, der Versicherer und des Bundes , Übernahme des CO2-Modells aus dem Bundesratsantrag), würde er ebenfalls zu einem willkürlichen, rückwirkenden Eingriff in die Prämiengestaltung der Krankenversicherer und die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde BAG führen. Er unterschlägt auch die rechtliche und faktische Tatsache, dass das KVG keine kantonalen Reserven der Krankenversicherer kennt.
Im Sinne einer systemkonformen Lösung empfiehlt Visana dem Nationalrat die Rückkehr zu politischen Vorschlägen, die auf anerkannten Versicherungsprinzipien beruhen, keine nachträglichen Ungerechtigkeiten schaffen und die Stabilität einer wichtigen Sozialversicherung nicht gefährden. Damit in den Kantonen Prämien erhoben werden, die möglichst den dortigen Kosten folgen, sind vom BAG pro Kanton bzw. Prämienregion pro Krankenversicherer grundsätzlich nur kostendeckende Prämien zu genehmigen, soweit nicht Reserven ab- oder aufgebaut werden. Dadurch entsteht keine wirtschaftliche Notwendigkeit, zu niedrige mit zu hohen Prämien „subventionieren“ zu müssen. Gleichzeitig muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Krankenversicherungsprinzip auf einem Ausgleich von Risiken aller Versicherten eines Krankenversicherers – also in der gesamten Schweiz – innerhalb mehrerer Jahre basiert. Die Prämienberechnungen stellen immer nur eine Kostenprognose dar.