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Modelleisenbahnen lösen Emotionen aus

Während der Weihnachtszeit lief für Spielzeughersteller die Hochsaison. Auch für Märklin, den Marktführer bei den Modelleisenbahnen. Trotz starker Konkurrenz auf dem Unterhaltungselektronik- und Spielwarenmarkt begeistern «Krokodil und Co.» auch heute noch Jung und Alt, Sammler, Fans und Bastler.

Text: Stephan Fischer | Bilder: Mauro Mellone

Eine Modelleisenbahn für den Sohn liegt als Geschenk verpackt unter dem Christbaum. «Was für ein verstaubtes Klischeebild aus vergangenen Tagen», wird sich manch einer sofort denken. Für René Treier, Geschäftsführer der Märklin-Vertriebs AG, ist dies ein klarer Trugschluss. «Eisenbahnen schenken ist immer noch weit verbreitet, gerade an Weihnachten.» Es stimme jedoch, dass dies nicht mehr in vergleichbarem Ausmass geschehe wie vor 20 oder 30 Jahren. Aber dieser Rückgang sei in der viel grösseren Angebotsvielfalt begründet und betreffe alle Hersteller klassischer Spielwaren.

Eine starke Marke

Grund zum Jammern gibt es für Märklin jedoch nicht, ganz im Gegenteil. «In der Schweiz konnten wir in den letzten zehn Jahren stetig wachsen», sagt René Treier. Von einem boomenden Markt könne man zwar nicht sprechen, aber die Verkaufszahlen des Schweizer Marktführers bewegten sich auf einem hohen Niveau. Und zwar längst nicht nur vor Weihnachten, denn die Modelleisenbahn sei für viele zum ganzjährigen Hobby geworden. Ein Grund für den Erfolg sei die hohe Bekanntheit der Marke Märklin – fast jeder kennt sie und verbindet schöne Kindheitserinnerungen mit ihr. «Zudem werden wir hier oft gar als Schweizer Hersteller wahrgenommen», erklärt der Geschäftsführer, der in seiner Kindheit – nicht ganz überraschend – eine Märklin-Eisenbahn besass.

Märklin ist jedoch ein deutsches Unternehmen, sein Hauptsitz befindet sich seit der Gründung vor 160 Jahren in Göppingen. Der Schweizer Markt spielt in den Überlegungen des Unternehmens allerdings eine wichtige Rolle, ja er gibt sogar oft den Takt vor. Es ist denn auch kein Zufall, dass der Vertrieb und das Marketing für einen Teil des europäischen Markts von der Schweiz aus gesteuert werden: «Die Eisenbahngesellschaften in der Schweiz gelten weltweit als Vorbild. Sie sind pünktlich, sauber und funktionieren extrem gut, auch wenn wir hier nicht immer diesen Eindruck haben», erklärt René Treier mit einem Schmunzeln. «Es gibt in der Schweiz viele tolle Bergstrecken, die von Eisenbahnfans aus der ganzen Welt nachgebaut werden. Deshalb sind die Schweizer Lokomotivmodelle auch international sehr begehrt.»

Schweizer Exportschlager

Das Paradebeispiel für einen helvetischen Verkaufsschlager ist die SBB-Lokomotive Ce 6/8, das berühmte «Krokodil», die 2019 ihr 100-Jahr-Jubiläum feiert. «Aus diesem Anlass haben wir Anfang Jahr eine Sonderedition des «Krokodils» mit einer 24-Karat-Goldbeschichtung herausgebracht», sagt René Treier. Die limitierte Auflage von 3500 Stück mit einer Preisempfehlung von 999 Euro sei innert kurzer Zeit ausverkauft gewesen, und bald darauf hätten Sammler auf Ebay mehrere tausend Franken für ein Exemplar bezahlt. Gewisse Eisenbahnmodelle könnte man also dank ihrer hohen Wertigkeit, ihrer Langlebigkeit und der limitierten Auflage fast schon als Investitionsobjekte bezeichnen.

Nebst den finanziell eher gut situierten Sammlern, den «Eisenbähnlern», Technikfreaks, Modellbauern und den Bastlern, bilden Kinder und Jugendliche traditionell eine weitere äusserst wichtige Zielgruppe für Märklin. «Wir versuchen, die Kinder möglichst früh mit der Modelleisenbahn vertraut zu machen und in ihnen die Faszination für dieses Hobby zu wecken. Diese hält dann im Idealfall das ganze Leben an.» Märklin bietet bereits für Kinder ab drei Jahren günstige Schweizer Einsteigersets mit batteriebetriebenen Modellen an, die den Nachwuchs auf den Geschmack bringen sollen. «In der Pubertät verlieren die Jungen dann klassischerweise das Interesse an der Modelleisenbahn an das andere Geschlecht», sagt René Treier (lacht). Meist kommt dieses Interesse aber wieder zurück, sobald sie selbst Kinder haben. Und so stehen an Weihnachten vermutlich auch in Zukunft zahlreiche Modelleisenbahnsets unter dem Tannenbaum.

Wenn die Augen strahlen

René Treier ist seit über 15 Jahren bei Märklin und nach wie vor fasziniert von seiner Arbeit. «Es ist eine sehr emotionale Branche. Das erlebe ich an jeder Spielwarenmesse, wo die Leute vor lauter Freude beinahe mit wässrigen Augen an unseren Stand kommen.» Es sei schlicht wunderbar, wenn er beobachte, mit welcher Begeisterung Kinder oft stundenlang an den dort bereitgestellten Modellanlagen spielten», erzählt der Geschäftsführer. Und nicht nur die Kinder …

Sehr spannend sei auch der Herstellungsprozess der Modelle. Eine Lok ist eine hochpräzise Konstruktion, die aus über 300 Metallteilen besteht. Die Entwicklungs- und Formkosten bei einer neuen Dampflokomotive können sich bis auf eine Million Franken belaufen. Da ist es natürlich wichtig, mit dem neuen Modell den Geschmack der Kundschaft zu treffen. Um immer auf dem Laufenden zu sein, tauscht sich Märklin regelmässig mit Vertretern von Bahngesellschaften, Fachhändlern und Kunden aus. Wenn in der Schweiz ein Bahn-Jubiläum gefeiert wird, ist Märklin gerne mit einem Stand vor Ort. «Diese Zusammenarbeit ist wichtig, denn sie liefert uns Ideen für neue Modelle. Viele unserer Kunden arbeiten selbst bei der Bahn und geben uns wertvolle Rückmeldungen», erklärt er.

Wachstumschance Digitalisierung

Die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft seien bei Märklin richtig gestellt, ist René Treier überzeugt. Keine Selbstverständlichkeit, denn noch vor zehn Jahren durchlief Märklin eine schwierige Phase. Dieser Tiefpunkt in der Firmengeschichte, der nicht wegen schlechter Verkaufszahlen eintrat, ist aber längst überwunden.

Wachstumspotential ortet René Treier insbesondere im digitalen Bereich. Wer zum letzten Mal vor 20 Jahren am Regler einer Modelleisenbahn gestanden hat, wäre vermutlich überrascht über die vielen Möglichkeiten, die die aktuellen Modelle und Steuergeräte von Märklin bieten. «Heutige Loks verfügen über 32 digital abrufbare Funktionen. Vom Fahrgeräusch, über die Beleuchtung bis zum Dampfausstoss kann alles individuell ausgelöst und gesteuert werden. Mit den digitalen Steuergeräten lassen sich auch das Fahrverhalten der Züge auf einer Anlage einzeln programmieren», sagt der Experte. Wer Freude an einem technisch anspruchsvollen, aber auch kreativen Hobby hat, kommt mit einer Modelleisenbahn mehr denn je auf seine Kosten.

Märklin-Vertriebs AG

Der Spielwarenproduzent Märklin feiert dieses Jahr sein 160-Jahr-Jubiläum. Das Unternehmen wurde 1859 in Göppingen (D) gegründet und stellte zuerst Puppenküchen her. Die ersten Modelleisenbahnen wurden 1891 vorgestellt. Bis 2006 war die Firma im Besitz der Familie Märklin. Heute gehört Märklin zur deutschen Unternehmensgruppe Simba-Dickie. Märklin produziert in Deutschland und Ungarn. Für die Märklin-Vertriebs AG mit Sitz im aargauischen Oberentfelden arbeiten zwölf Personen (sieben in der Schweiz, fünf im Ausland). Sie ist zuständig für Vertrieb und Marketing in mehreren europäischen Ländern (Schweiz, Italien, Frankreich, Österreich, Liechtenstein und Andorra), wobei der Schweizer Markt eine besonders wichtige Stellung einnimmt. Sie vertreibt zudem weitere Spielzeugmarken wie Schuco und Carson. Der weltweite Umsatz von Märklin beträgt rund 100 Millionen Franken. www.maerklin.ch, www.instagram.com/maerklin, www.facebook.com/maerklin

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