15. September 2025

Mujinga, herzliche Gratulation! Wie geht es dir?

Gut, danke. Ich bin mittlerweile im siebten Monat, und bis jetzt verläuft zum Glück alles ohne Komplikationen. Und ohne «spezielle Gelüste». Ich habe zwar manchmal – zum Beispiel am Morgen – ein bisschen mehr Hunger, aber sonst läuft alles noch recht normal.

Wie hast du erfahren, dass du schwanger bist?

Das war in China, kurz vor einem Wettkampf. Ich hatte zwar so ein Gefühl, aber gerade keinen Test zur Hand. Irgendwann fand ich eine Apotheke, musste aber zuerst die Gebrauchsanweisung mit Google übersetzen. Dann hatte ich die Bestätigung. Ich war überglücklich, blieb aber trotzdem auf den Wettkampf fokussiert.

War für dich immer klar, dass du Kinder willst?

Ja. Ich bin in einer grossen Familie aufgewachsen, auch darum war das für mich eigentlich schon immer klar. Aber im Sport brauchst du deinen Körper und überlegst es dir deshalb natürlich schon zweimal, wenn es um den Kinderwunsch geht. Wäre ich nicht Spitzensportlerin, hätte ich schon längst Kinder.

Jetzt ist also der richtige Zeitpunkt?

Ja, wenn es überhaupt so etwas wie einen «richtigen» Zeitpunkt gibt. Man kann nicht alles planen. Aber für mich war schon länger klar, dass ich meine Karriere sicher bis mindestens 2028 fortsetzen will und dass darum zwischen 2024 und 2026 ein guter Zeitpunkt wäre. Wir haben entschieden, dass es jetzt passt.

Mit einer Schwangerschaft gibt man die Kontrolle über den eigenen Körper teilweise ab. Ist das für eine Spitzensportlerin besonders schwierig?

Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. Natürlich verändert sich der Körper, und gewisse Dinge wie Wettkämpfe sind in der Schwangerschaft halt nicht mehr auf demselben Niveau möglich. Eine Schwangerschaft ist nicht das Ende einer Sportkarriere, sondern einfach eine Pause von rund einem Jahr. Mehrere Sprinterinnen haben auch nach einer Geburt WM- und Olympiamedaillen gewonnen, 35-Jährige laufen Spitzenzeiten. Das macht Mut.

Fehlt dir der Wettkampf?

Ein bisschen schon, aber gleichzeitig geniesse ich es gerade, dass mein Alltag jetzt anders ist. Ich trainiere zwar weiter, aber ohne Wettkampfdruck. Sonst dreht sich alles immer um Wettkämpfe, Trainings und die Erholung, die es nachher oder vorher braucht. Das ist anstrengend und fällt jetzt weg.

Was bedeutet das?

Ich esse jetzt an einem Geburtstagsfest auch Kuchen (lacht). Ich habe gerade viel mehr Zeit und Energie für Sachen, die sonst im Sommer nicht drinliegen – andere Sportveranstaltungen besuchen, zum Beispiel. Im Juli war ich in Gstaad Beachvolleyball schauen und habe unsere Fussball-Nati im Stadion unterstützt. Auch einfach einmal ganz normal Ferien machen auf Sardinien und eine ganze Woche lang nicht trainieren – das geniesse ich.

Aber du trainierst weiterhin regelmässig?

Ja, vier- statt fünfmal pro Woche und natürlich weniger intensiv. Es geht jetzt mehr darum, die Basis zu erhalten, damit ich nächstes Jahr schnell wieder zurück bin. Das Training macht mir nach wie vor Spass. Ich bewege mich gerne, und es ist auch gut fürs Baby, da ich bisher zum Glück einen so guten Verlauf habe.

Und wenn das Kind da ist: Weisst du schon, wie du alles unter einen Hut kriegst?

Ich weiss, dass das eine Herausforderung wird. Wie bei allen anderen auch. Aber ich habe ein super Umfeld. Meine Familie wohnt ganz in der Nähe, und die meines Partners wird uns auch viel unterstützen. Ich werde auf Hilfe angewiesen sein – für Erholung, Organisation, Kinderbetreuung. Es sind auf jeden Fall alle vorgewarnt. Sie stehen quasi schon in den Startblöcken (lacht).

Ist es ein Vorteil, dass dein Partner als Coach so eng in deinen Alltag eingebunden ist?

Auf jeden Fall. Er kennt meine Trainings und mich, weiss, wie es mir geht. Er sieht auch, wenn etwas einmal nicht möglich ist. Wir haben ein gutes Verständnis füreinander, und er kann auch einmal etwas übernehmen für mich. Als Einzelsportlerin bin ich im Vorteil: Nach einer kurzen Nacht kann ich das Training auch einmal auf den Nachmittag verschieben.

Was war es für ein Gefühl, als du zum ersten Mal den Ultraschall gesehen hast?

Wunderschön! Das ist der Moment, in dem du wirklich realisierst: Da ist ein kleiner Mensch. Vorher weisst du es zwar und hast ein Körpergefühl – aber noch kein Bild. Später, wenn man die Bewegungen spürt, wird es noch konkreter.

Wie sieht es mit Kinderzimmer, Namen und der berühmten Spitaltasche aus?

Nein, die Tasche ist noch nicht gepackt. Das Geschlecht wissen wir zwar, behalten es aber noch für uns. Was den Namen angeht, sind wir dran (schmunzelt).

Und die Anmeldung bei der Krankenkasse?

Die haben wir gerade gemacht. Anderes lassen wir auf uns zukommen. Momentan bin ich noch sehr mit anderem beschäftigt und an vielen Events dabei.

Du kommst an viele V⁠i⁠s⁠a⁠n⁠a Sprints?

Ich finde es schön, den Nachwuchs zu erleben, der vielleicht einmal gross rauskommt. Gerade jetzt, wo ich keine Wettkämpfe habe, ist das eine tolle Abwechslung.

Hast du das Gefühl, dass die Schwangerschaft dich als Sportlerin verändert?

Sie verändert den Rhythmus – klar. Aber nicht meine Ambitionen. Dass viele Athletinnen diesen Weg schon erfolgreich gegangen sind und es geschafft haben, gibt mir Zuversicht. Ich habe mich zum Beispiel mit Belinda Bencic und Joana Mäder ausgetauscht. Auch in meinem privaten Umfeld sprechen wir viel über das Thema, meine Schwester hat selbst zwei Kinder. Das hilft, sich das Leben als sportliche Mutter besser vorzustellen. Für mich ist klar: Ich komme zurück, auf dem gleichen Niveau – oder besser.

Mujinga Kambundji (33) wuchs als zweitälteste von vier Schwestern in Liebefeld auf. Mit 15 Jahren wurde sie erstmals Schweizer Meisterin, später feierte sie internationale Erfolge über 60, 100 und 200 Meter. Sie ist unter anderem zweifache Hallenweltmeisterin und hat bei grossen Titelkämpfen insgesamt elf Medaillen gewonnen. Die dreifache Schweizer Sportlerin des Jahres lebt mit ihrem Partner – der auch ihr Coach ist – in Wabern.

© Fotograf Mauro Mellone

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