Nadja Knuchel: Schritt für Schritt zurück ins Leben
Den 9. September 2015 wird Nadja Knuchel nie mehr vergessen. Es ist der Tag, an dem ihr Leben auf den Kopf gestellt wird. Nach zehn Tagen mit extremen Kopfschmerzen geht es ihr im Büro so schlecht, dass sie wegen starken Gleichgewichtsstörungen nicht mehr gehen, kaum noch sehen und nicht mehr richtig sprechen kann. Zum Glück reagieren zwei Arbeitskolleginnen richtig und rufen sofort die Notfallnummer an. «Wäre ich nicht so schnell ideal umsorgt worden, hätte es noch viel schlimmer enden können», sagt Nadja Knuchel.
Das Gehirn ist betroffen
Auch so ist für sie nach der Diagnose «spontane Dissektion» (lebensgefährliche Durchblutungsstörung im Gehirn) nichts mehr so, wie es vorher war. Zuerst im Lindenhofspital, später in der spezialisierten Klinik im Berner Inselspital und schliesslich zwei Monate in einem Rehazentrum in Tschugg oberhalb des Bielersees tastet sie sich Schritt für Schritt zurück ins Leben. In ihrem Gehirn ist vor allem jener Bereich beschädigt, der das Gleichgewicht, den Blutdruck, die Steuerung der Augennerven und den Hormonhaushalt reguliert. Und weil die Ärzte am Anfang keine Prognosen stellen können, dürfen und wollen, begleiten Nadja Knuchel schwere Gedanken: «Werde ich nie mehr richtig sehen können? Werde ich auf einen Rollstuhl angewiesen sein? Kann ich nicht mehr zu meiner zweieinhalbjährigen Tochter schauen?»
Einige Rückschläge, regelmässige Fortschritte
Weil die damals 37-Jährige aber nach eigenen Aussagen einen «harten Walliser Kopf» und einen «sehr starken Willen» hat, akzeptiert sie die Situation sofort. Sie macht sich mit unerschütterlichem Optimismus daran, zum Beispiel wieder laufen zu lernen. Es ist ein langer Prozess, begleitet von Rückschlägen, vor allem aber von regelmässigen Fortschritten. Nadja Knuchel ist sehr dankbar, aufgrund ihrer Spitalzusatzversicherung bei Visana beste Bedingungen vorgefunden zu haben: «Ich wurde in allen Bereichen top unterstützt. Nicht nur bei der Reha, sondern auch später bei einer Haushaltshilfe.»
Nadja Knuchel erholt sich relativ gut vom Schlaganfall. Aber es gibt bis heute zahlreiche Beeinträchtigungen in ihrem Alltag. Sie spürt die rechte Gesichtshälfte und ab dem Hals die linke Körperseite nicht mehr richtig, hat ein enormes Schlafbedürfnis, fühlt sich bei Reizüberflutungen und schnellen Bewegungen rasch überfordert. «Zudem kann ich nicht zwei Sachen auf einmal erledigen», sagt sie. Das führte auch dazu, dass sie sich vor zwei Jahren dazu entschied, nicht mehr zu arbeiten, um sich voll ihrer Tochter widmen zu können.
«Glück im Unglück gehabt»
Und so führt Nadja Knuchel heute ein entschleunigtes, aber glückliches Leben. «Ich bin froh, wie sich nach dem Schlaganfall alles entwickelt hat. Ich habe sicher Glück im Unglück gehabt.» Die Walliserin verschob in den letzten Jahren Grenzen, ihre Geschichte ist inspirierend. Sie lief 2021 sogar einen Marathon in Amsterdam, und diesen März nahm sie am Engadin Skimarathon teil. Wenn Nadja Knuchel heute stärkere Kopfschmerzen plagen, lässt sie sich sofort untersuchen. «Eine spontane Dissektion kann jede und jeden treffen. Aber ich habe keine Angst mehr davor, noch einmal davon betroffen zu sein.»
Zur Person
Der erste Eindruck: fröhlich, optimistisch, lachend. Nadja Knuchel ist eine aufgestellte Person – das bestätigt sich während des langen Gesprächs mit ihr. Den Lebensmut hat sich die 45-Jährige trotz ihrer langen Leidensgeschichte bewahrt. Die Walliserin lebt seit 2008 mit ihrem Mann in der Nähe von Bern, vor zehn Jahren wurde Tochter Nikita geboren. Nadja Knuchel joggt viel und gerne, zudem hat sie das Langlaufen für sich entdeckt.