Gesundheitsschutz in KMU

Im Jahr 2000 war gut jeder vierte Erwerbstätige in der Schweiz häufig oder chronisch gestresst, 2010 war es bereits jeder dritte. Da die meisten Erwerbstätigen in KMU angestellt sind, stellt sich die Frage, was diese Betriebe unternehmen, um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu schützen und zu fördern. Eine Studie in Zusammenarbeit zwischen Visana und der Fachhochschule Nordwestschweiz gibt Antwort.

KMU brauchen konkrete Umsetzungs­beispiele

  • Die Studie

    Ein Fragebogen wurde an 812 unserer Firmenkunden in der Deutschschweiz versandt. Insgesamt wurden 172 ausgefüllte Fragebögen von KMU aus der Deutschschweiz ausgewertet. Unternehmen aus allen Regionen der Deutschschweiz mit einer breiten Branchenverteilung (Industrie und Dienstleistung) waren vertreten.

    Die kleinen Unternehmen bis 49 Mitarbeitende machten 81 Prozent aus, mittlere Unternehmen entsprechend 19 Prozent. Zu vermuten ist, dass sich im BGM bereits aktive Unternehmen eher an der Befragung beteiligt haben und eine leichte Überschätzung der Verbreitung von BGM-Massnahmen resultiert.

    Interessanterweise führten die kleinen Unternehmen mehr BGM-Massnahmen durch als die mittleren.

  • Was KMU unternehmen

    Die meisten Unternehmen sind aktiv

    86 Prozent der Unternehmen  geben an, mindestens «teilweise» Massnahmen im Bereich der  Unfallverhütung und der Arbeitssicherheit umzusetzen. Inhaltlich damit verbunden und ebenfalls weitbreitet sind Massnahmen im Bereich Ergonomie (82 Prozent) und Verbesserungen bei den Umgebungsbedingungen (Licht, Temperatur etc.; 79 Prozent). Hohe Verbreitung haben weiter auch Massnahmen rund um das Steuern von Absenzen: das systematische Erfassen der Fehlzeiten (84  Prozent), das Führen von Rückkehrgesprächen (64 Prozent) sowie Case- (56 Prozent) und Absenzen- Management (82 Prozent).

    Weniger Zuspruch erhalten Massnahmen, die direkt auf das Wohlbefinden  der Mitarbeitenden abzielen wie Stressmanagementkurse (17 Prozent),  Angebote zu Sport (19 Prozent) und Entspannung (4 Prozent) sowie  Ernährungskurse (7 Prozent).

    Jedes dritte Unternehmen gibt an, die Belastungen zu erfassen, was ein wichtiger Schritt ist, um die gesundheitsrelevanten Belastungen (zum Beispiel Zeitdruck) und Ressourcen (zum Beispiel Autonomie) erkennen und angehen zu können. Immerhin 41 Prozent der Unternehmen weisen darauf hin, sie hätten mindestens «teilweise» BGM auf strategischer Ebene verankert.

     

  • Gründe für BGM Massnahmen

    Die von den Unternehmen angegebenen Gründe sind vielfältig und  differenziert: Zum einen spielen die «harten» Faktoren wie   Fehlzeitenreduktion und bessere Arbeitseffizienz (36 Prozent) eine  Rolle, andererseits sehen sich die befragten Unternehmen aber auch in einer gewissen gesellschaftlichen Verantwortung und wollen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden stärken.

     

  • Hindernisse bei der Umsetzung

    Allein der Wille zur Umsetzung von Massnahmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement ist nicht immer ausreichend.

    Verschiedene Hindernisse treten auf, die eine Umsetzung verhindern oder erschweren. Allen voran steht die Priorität des Tagesgeschäftes (93  Prozent). Wenn dringende Aufgaben anstehen und enge Fristen einzuhalten sind, werden als sekundär wahrgenommene Aufgaben hintenangestellt. Einige KMU geben auch an, dass kein eindeutiger Handlungsbedarf (40 Prozent) besteht in ihren Unternehmen oder allenfalls nur teilweise (29 Prozent). Skepsis scheint gegenüber dem Nutzen von BGM Massnahmen zu bestehen (16 Prozent; «teilweise»: 46 Prozent). Mangel an Ressourcen im Sinne von fehlendem Geld (57 Prozent) und fehlender Zeit (57 Prozent) sind im Mittelfeld der Hürden anzusiedeln.

    Fehlende Motivation der Mitarbeitenden

    Fehlende Motivation bei den Mitarbeitenden (62 Prozent) scheint ein deutlich grösseres Hindernis zu sein als fehlende Motivation der  Führungskräfte (44 Prozent) oder sogar Widerstand seitens der  Entscheidungsträger (27 Prozent). Mangelndes Wissen scheint hie
    und da auch ein Thema zu sein, gibt doch rund die Hälfte aller  Unternehmen an, zu wenig Wissen über Anbieter von BGM  Massnahmen (49 Prozent) oder über die konkreten  Umsetzungsmöglichkeiten zu besitzen (48 Prozent).

     

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in einigen KMU der Handlungsbedarf nicht erkannt wird und auch Skepsis gegenüber dem Nutzen von BGM-Massnahmen besteht. Informationen über den Sinn und Zweck von BGM, Überzeugungsarbeit und positive Umsetzungsbeispiele sind nach wie vor gefordert. Mit Blick auf konkrete Interventionen, die für das eigene Unternehmen angeboten werden sollen, stehen weniger die bereits verbreiteten Massnahmen wie Unfallverhütung /Arbeitssicherheit, sondern Weiterbildungsangebote zu Stress und Stressbewältigung an erster Stelle (60 Prozent).

Welcher BGM-Bedarf besteht in Zukunft?

Sicher werden Arbeitssicherheit und Absenzen- /Case Management wichtig bleiben. Eine Lücke zwischen Ist (aktuelle Verbreitung) und Soll (Bedarf an Unterstützung) war besonders bei Angeboten gegen Stress erkennbar. Mit Blick auf die zunehmend grössere Gruppe an gestressten Erwerbstätigen scheinen KMU in der Schweiz gewillt, auf den zunehmenden Konkurrenzdruck und das Stresserleben mit BGM-Angeboten wie Stressmanagementkursen gegenzusteuern, sofern sie einen eindeutigen Nutzen erkennen können und die Umsetzung der Massnahmen in den Arbeitsalltag sehr gut  integrierbar erscheint.

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